Post-doc am Max-Planck-Institut in Heidelberg

Nach meiner Promotion spielte die Vorbereitung für eine Kometenmission nach Giotto zu Halley eine herausragende Rolle. Nach diesem erfolgreichen „Blitzbesuch" bei Halley war der Bedarf eine Rendezvous- bzw. Kometenproben- Rückführmission CNSR - zunächst gemeinsam mit der NASA - gewachsen. Dazu baute ich Ende der 70er Jahre des letzten Jahrtausends eine Kometenstaub-Simulation zur chemischen und isotopischen Analyse von Kometenstaubteilchen auf. Sie bestand aus einer

  1. Targetreinigungskammer über Gasentladung
  2. SIMS-Spektrometer zur chemischen und isotopischen Analyse des Kometenstaubes (SIMS: Secondary Ion Mass Spectroscopy)
  3. Staubbeschleuniger zum Beschleunigen und Aufsammeln von Kometenstaub auf zuvor gereinigten und strukturierten Gold-Targets

Abbildung 2 zeigt die gesamte Simulationsanlage, die eine komplette Simulationskette unter Hochvakuum erlaubte. So fing Rosetta Ende der 70er Jahre an. Begleitet wurden diese Simulation durch gemeinsame Planung einer Kometenmission mit NASA in Person von Dr. Ernst Stuhlinger, einem ehemaligen V2-Raketenforscher aus Peenemünde.

Abbildung 3 zeigt ihn zusammen mit Dr. Wernher von Braun, dessen Navigator er oft genannt wurde. Im Vordergrund sehen wir noch Dr. Hermann Oberth, einer der Begründer der Raketentechnik und Raumfahrtvisionär. Leider hat die Challenger-Katastrophe das Ende der europäisch-amerikanischen Kooperation für diese Kometenmission (bis auf Beteiligung auf Instrument-Level) bedeutet. Es wurden büdgetäre Gründe genannt.

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Abbildung 2: Mein Aufbau einer Simulationsanlage am Max-Planck-Institut in Heidelberg zur Sammlung kometarer Staubteilchen und deren chemischer Untersuchung. So fing Rosetta Ende der 70er Jahre des letzten Jahrtausends an.
Credit: Norbert Pailer, Max-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg
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Abbildung 3: Links in der Mitte ist der V2-Forscher Dr. Ernst Stuhlinger zusammen mit Dr. Wernher von Braun und - im Vordergrund - mit Dr. Hermann Oberth zu sehen.
Credit: reddit.com
Erste SIMS-Analysen. Wegen der zu erreichenden hohen Sensitivität der chemischen Analysen, war die chemische Reinheit der Sammelfläche zusammen mit deren Hafteigenschaften für aufzusammelnden Kometenstaub entscheidend. Dazu wurde der in Abbildung 2 gezeigte Experimentaufbau entwickelt. Abbildung 4 zeigt die zentralen Komponenten mit mehr Detail:
  • links: Gasentladungskammer zur Targetreinigung
  • Mitte: SIMS-Spektrometer zur chemischen und isotopischen Analyse
  • rechts: Staubbeschleuniger, mit dem die zuvor gereinigten und vermessenen Targets mit ca. 300 m/s schnellem Staub beliebiger Chemie belegt wurden

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Abbildung 4: Zentrale Komponenten der Experimentieranlage in größerem Detail:

- links die Gasentladungskammer
- in der Mitte das SIMS-Analyse-Gerät
- rechts der Staubbeschleuniger 
Credit: Norbert Pailer, Max-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg

Nachfolgend werden alle drei Komponenten des Aufbaus kurz beschrieben, der den Vorteil hatte, sämtliche Schritte der Targetvorbehandlung, deren Untersuchung, die Staubbelegung und deren chemische  Analyse unter Hochvakuum durchzuführen und damit weitere Unsicherheiten in Bezug auf Kontamination auszuschließen.

Die Gasentladungskammer zur Targetreinigung. Die Versuchsreihe startete mit polierten, hochreinen Gold-Targets. Die Gasentladungskammer, siehe Abbildung 5 war zunächst mit einem Resevoir von Targets ausgestattet. Als erster Prozessschritt wurden die Targets nach dem Ausheizen in der SIMS-Anlage vermessen. Abbildungen 5a und 5b (jeweils oben) oben zeigen das Ergebnis: Die Target-Spektren waren für weitere Schritte viel zu komplex. Die zu reinigenden Targets gelangten über den Manipulator in einen Zylinder, in dem sie nur Goldoberflächen sahen. Zwischen dem geerdeten Zylinder und dem isoliert aufgenommenen zentralen Golddraht wurde eine Spannung von rund 600 V angelegt. Die zuvor ausgeheizte und evakuierte Kammer wurde nun im Bereich der Goldtargets mit Ar während der Gasentladung gespült. Nach dem Reinigungsvorgang erfolgte der Transport zurück in die SIMS-Analysekammer. Die Abbildungen 5a und 5b (jeweils unten) zeigen das Ergebnis der SIMS-Analysen: Der Reinigungsvorgang hat sich als erstaunlich effektiv erwiesen. Man sieht nur noch die beiden allgegenwärtigen Komponenten Na+ und K+ und einen Al+-Peak (siehe weiter unten). Erfreulicherweise war das nicht alles: Man sieht auch eine (nicht erwartete) Strukturierung der Oberfläche, die sich beim Aufsammeln von Kometenstaub als äußerst hilfreich erwies, indem sich Staubkörner in dieser Struktur verkeilen konnten und damit das Aufsammeln vereinfachten. Abbildung 5c zeigt zur Illustrierung ein Elektronen-Mikroskopbild aufgesammelter Staubkörner.
 
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Abbildung 5: Prinzipieller Aufbau der Gasentladungskammer zur Reinigung und Strukturierung der Target-Oberfläche
Credit: Norbert Pailer, Max-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg
 
 MaxPlank-Abb5a
 
Abbildung 5a: Elektronenmikroskopbilder der Target-Oberfläche: oben unbehandelt, unten durch Gasentladung behandelt
Credit: Norbert PailerMax-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg
 
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Abbildung 5b: Das spektroskopische Analogon zu Abbildung 5a. Oben: Spektrum des unbehandelten Gold-Targets, unten die durch Gasentladung behandelte Version
Credit: Norbert Pailer, Max-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg
 
 
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Abbildung 5c: Beispiel der Verbesserung der Sammeleigenschaften der Gold-Targets durch Strukturierung der Oberfläche als Nebenprodukt des Gasentladungs-Reinigungsprozesses
Credit: Norbert Pailer, Max-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg
 
 
Die SIMS-Analysekammer. Das Aufbauprinzip ist in Abbildung 6 mit allen Komponenten gezeigt. Das vorbehandelte Target ist in der Staubbeschleunigungskammer angekommen, der Beschleuniger zu Testzwecken mit Magnesium-Teilchen bestückt. Die ca. 300 m/s schnellen Teilchen wurden aufgesammelt, die erfolgreiche Belegung mit einem eingebauten Mikroskop bestätigt. Nun geht`s zurück in die SIMS-Analysekammer: Das Magnesiumteilchen ist chemisch eindeutig zu identifizieren: Man sieht - zusammen mit den allgegenwärtigen Komponenten - sogar deutlich seine drei Isotope in Abbildung 6a. In Abbildung 6b wird ein durch Gasentladung gereinigtes Target mit aufgesammelten Si-Teilchen gezeigt. Dessen Isotopie zusammen mit seinen Oxyden wird eindrucksvoll wiedergegeben. 
 
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Abbildung 6: Aufbauprinzip der SIMS-Analysekammer mit all ihren Komponenten
Credit: Norbert Pailer, Max-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg
 
 
MaxPlank-Abb6a 
Abbildung 6a: Ein auf einem gereinigten Gold-Target aufgesammeltes Mg-Teilchen (oben) und seine SIMS-Analyse (unten). Man erkennt deutlich das Mg-Teilchen zusammen mit seinen Isotopen
Credit: Norbert Pailer, Max-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg
 
 
 
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Abbildung 6b: SIMS-Ergebnis eines aufgesammelten Si-Teilchen. Neben dessen Isotopie sind eindrucksvoll dessen Oxyde wiedergegeben
Credit: Norbert Pailer, Max-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg
 
Die Staubbeschleuniger-Kammer. Das Targetkarussel erlaubt die Aufnahme mehrerer vorbehandelter Targets. Gleichzeitig ist ein drehbarer Zylinder - wie in Abbildung 7 gezeigt - mit zu beschleunigenden Staubproben beschickt (Vielfachstaubquelle). Ein Wirbelstrombeschleuniger sorgt dafür, dass die mit Staub belegte Al-Scheibe beschleunigt wird und vor Erreichen des Targets an einer Prallplatte gestoppt wird, sodass nur der Staub das Target erreicht. Über ein eingebaute Vakuumfenster kann die tatsächliche Belegung des Gold-Targets mit Staub untersucht und fotografisch dokumentiert werden.

 
 
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Abbildung 7: Prinzip des Aufbaus der Staubbeschleuniger-Kammer mit all ihren Komponenten
Credit: Norbert Pailer, Max-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg
 
 
So fing das COSIMA-Instrument (COSIMA: Cometary Secondary Ion Mass Analyzer) und damit die Kometenstaubuntersuchung mit Rosetta Ende der 70er Jahre an. Der heutige Aufbau, der nun auf Rosetta seit mehr als 10 Jahren unterwegs ist, ist auf der COSIMA-Homepage des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Göttingen dokumentiert.
 
Nach meiner Rückkehr mit meiner kleinen Familie aus den USA zurück ans MPI in Heidelberg, wuchs der Wunsch nach mehr vertraglicher Sicherheit. Sie war in jenen Tagen am Institut leider nicht gegeben, da wieder einmal Stellenabbau betrieben wurde. Deshalb orientierte ich mich Richtung Industrie. Dort hatte ich bei Dornier System GmbH als "Programmleiter für Wissenschaftliche Weltraumerkundung" gleich eine erste Diplomarbeit zu betreuen: Ein junger Student aus Heidelberg machte an der Dornier-SIMS-Anlage im Bereich "Forschung" Untersuchungen von Kometenstaub. 

Video: Glaube und Wissenschaft

Video: Staunen über das Universum

Video: Rosetta Mission