Der finale Kick

Mit hochfeinen Geräten guten Astrofotos zu machen, ist keine große Kunst. Ich wollte als typischer Minimalist mit selbst gebautem Equipment den Himmel stürmen: Ein echtes Abenteuer!

Glückliche Umstände kamen zusammen und motivierten mich, ein eigenes Teleskop zu bauen. Es sollte selbst in (m)einem Ölkeller mit seiner reduzierten Infrastruktur möglich sein, ein Teleskopsystem nachzubauen, das im 17. Jahrhundert bereits von Newton entworfen wurde. Dabei hatte ich einen versierten Optiker als Partner an der Hand.

Ich selbst war hoch motiviert, nach so vielen Jahren der Kopf- und Papiertätigkeit für Entwürfe von Weltrauminstrumenten einmal wieder meine praktischen Kenntnisse als ehemaliger Facharbeiter für Maschinenbau von vor rund 40 Jahren für eine astronomische Unternehmung zu aktivieren. Aus jener Zeit stammt noch eine kleine Bosch-Heimwerker-Bohrmaschine auf einem kleinen Bohrständer, ein paar Feilen, Schraubzwingen etc. Dazu kam ein selbst gebauter Maschinenschraubstock und die Dekupiersäge unseres Sohnes. Einem ausgeprägten Minimalisten wie mir musste mir das genügen.

Mittels CFK-Teilen (Kohlefaserwerkstoff, der allerdings auch durch verleimtes Holz, Aluminium oder ähnliches ersetzt werden kann) und einem Leichtgewichts-Spiegel, war ich in der Lage, ein 360 mm Durchmesser Newton-Spiegelteleskop zu bauen, das kaum mehr als 10 kg wiegt.

Ein eigens dazu verleimter Styrodur-Sandwich mit GFK-Platten (Glasfaser) diente als Montageplatte für den Hauptspiegel. Über drei verstellbare, isostatische Montierungspunkte wurde der Hauptspiegel aufgesetzt. Es muss ja nicht so sein, dass man den Hauptspiegel selbst schleift und poliert, aber es ist eine Erfahrung wert (es soll Teleskopbauer geben, die so viel Ehrgeiz beim Schleifen und Polieren entwickelt haben, dass sie darüber die Nachtbeobachtung vernachlässigt haben). Es war nicht einfach, während des kalten Winters 2004/5 Klebungen, die ja bei Sandwich-Bauweise nicht vermeidbar sind, vernünftig auszuhärten. Es ist bekannt, dass dies bei höheren Temperaturen zu erfolgen hat. Die Backröhre ist nicht nur relativ klein, sondern diese artfremde Anwendung löste bei meiner Frau aus nahe liegenden Gründen nicht unbedingt Begeisterung aus. Deshalb warf ich für größere Teile unsere Sauna an, was zwar auch eine Zweckentfremdung war, die aber half und was sich sehr bewährt hat.

Da man während der Beobachtung wegen der entsprechenden Störung nicht gerne das Teleskop berührt, sollte die Fokussierung motorisiert werden. Dies ermöglicht ein kleiner Motor, den ich mit dem Trafo meiner alten Modelleisenbahn betreibe (für einen Teleskopbau kann man fast alles brauchen, was ein gewachsener Haushalt hergibt bis hin zu Fahrradspeichen zur Verspannung der Fangspiegelhalterung). Wegen der Streuung des Lichts an einem üblichen Aufnahme-Kreuz des Fangspiegels, habe ich eine gekrümmte Aufnahme eingesetzt; das sollte helfen, die sonst üblichen „Strahlen" an Sternen zu vermeiden, die uns im Idealfall punktförmig erscheinen sollen. Die daran befestigte Fangspiegelzelle ist über drei Schrauben justierbar.

Das Teleskop ist fertig, wenn es auch eine Dauerbaustelle bleiben wird! Mit dieser „Zeitmaschine" als Voyeur-Besteck hole ich die Sterne vom Himmel ... Da bei dieser offenen Bauweise die empfindliche Optik ungeschützt offen liegt und man auch mit Streulicht bei Tageslicht zu kämpfen hat, wird mir meine Frau gelegentlich noch eine große, schwarze „Socke" als Abhilfe nähen.

Das war ein kurzer Bericht über eigene Nachtbeobachtungen und meinen Teleskopbau mit zugegebenermaßen ungewöhnlichen Leichtgewichtskomponenten – ein Teleskop, das es so auf der Welt wohl kein zweites Mal gibt. Es ist nicht nur schön, sondern es funktioniert auch galaktisch gut. Bei ersten Probemessungen Anfang Juni 2005 mit einem bislang unbedampften Hauptspiegel an einer 10 mm großen Stahlkugel als künstlichem „Kalibrierstern" in rund 200 m Entfernung war etwas zu sehen wie eine Ameise, die gut sichtbar über die Kugeloberfläche krabbelte (ob so oder ähnlich die Anfänge des Ameisennebels waren?). Jedenfalls kein schlechtes Zeichen für mein System! Licht-Beugungsuntersuchungen an richtigen Sternen zur Bestimmung der Auflösungseigenschaften werden folgen, aber erste Tests sind bei Tageslicht einfacher.

Man hat in meiner Umgebung gerne gewitzelt, dass ich mit meinem selbst gebauten Teleskop allenfalls ein Beitrag zum Thema Dunkle Materie leisten könne in dem Sinne, dass etwas mit hohem Anteil da ist, was ich aber trotz aller Anstrengungen nicht sehen kann. Sicher, dieses Teleskop wird nicht die Weltraumforschung revolutionieren, aber die mit ihm gemachten Bilder werden mir fast so viel bedeuten wie die vom Hubble-Weltraumteleskop. In jedem Fall wird sichtbar sein, was damals König David von Israel aus ohne Teleskop – aber anhand der Bibel – bereits erkannte: "Die Himmel rühmen die Ehre Gottes!"